Moderne Computergesellschaft – leider nur ein Traum

Eine hochtechnologische Gesellschaft Computer ist überall, jeder spricht davon, ohne geht es nicht mehr. Man sollte meinen, Taschenrechner benutzen wir nur deswegen, weil der PC nicht in die Hosentasche paßt. Aber vom technischen her gesehen wären wir schon lang soweit. Handys sind schon zum Teil komplexer, als vielleicht vor 20 Jahren ganze PCs. Hört man Leuten zu, wie sie reden und mit Fachbegriffen um sich schmeißen, gewinnt man den Eindruck, sie haben es täglich durchgehend nur mit hochwissenschaftlichen Berechnungen zu tun. Jeder spricht von Microsoft Office, E-Mail, Internet, Datenbanken, Haushalt-Buchführungen und noch so einiges was mit dem Thema Computer zu tun hat.

Medien sprechen vom technischen Boom, täglich flattern uns Prospekte verschiedener Märkte ins Haus in denen sie die neuesten technischen Errungeschaften preisen (wohl nur deswegen um ihren Gewinn zu steigern).

Sind wir als Gesellschaft wirklich schon so weit, das wir ein Office Programm für 500.- Euro + 1000.- Euro für den PC um das Office drumherum brauchen, nur um unser Haushaltsbuch mit monatlich 3-10 Einträgen zu führen ? Sind wir, bzw. besser gesagt, ist unser Leben, dermaßen kompliziert geworden, dass wir ohne Hochleistungsrechner nicht mehr auskommen ? Haben wir in unserem Haushalt und unseren täglichen Geldgeschäften so viel Posten und Buchungen, dass wir ein ausgewachsenes Tabellenkalkulationsprogramm brauchen wie es Großbetriebe haben um dies alles bewältigen zu können ? Kaum vorstellbar.

Mit dem Schreiben und dem Lesen tun wir uns als Gesellschaft mittlerweile schwer. Vielleicht deswegen weil wir alle zu Computerprofis geworden sind ? Für was brauchen wir Papier, Taschenrechner und Stift ? Unsere falschen Ergebnisse können wir auch mit einem Hochleistungsrechner falsch berechnen.

Nun gut, der PC ist ein nützliches Ding geworden. E-mail abrufen, online Geldgeschäfte erledigen, im internet surfen, „Informationen“ lesen und noch so einiges. Hört man die Medien reden, möchte man meinen, wir sind wirklich eine technologisch hochentwickelte Gesellschaft. Nun, Medien wären keine Medien, wenn sie objektiv wären. Zwar sollten gerade sie solche sein, aber der Alltag zeigt, dass Verkaufszahlen, Auflagen usw. entscheiden ob man das Gras auf der Wiese als Grün oder Blau bezeichnet. Medien, jedoch nicht alle, sind der Mode unterworfen, dadurch sind auch ihre Darstellungen nach Gewinn und Mode ausgerichtet. Bringt die Obektivität mehr Geld ins Haus, wird natürlich die Objektivität hervorgehoben. Bring das Andere mehr Geld, wird die Objektivität halt soweit angepasst, dass das Zeug besser verkauft wird. Man nennt es auch Marketing.


Die Wirklichkeit


Wie sieht es nun aus, ich meine wie sieht die Wirklichkeit aus ? Nun, wenn ich auf meine persönliche Erfahrungen zurückgreife, muss ich leider feststellen, dass es an den einfachsten Dingen hapert. Ist die betreffende Person kein Computerfreak, hat also jemand den Computer nicht als Hobby, sondern nur als Arbeitsgerät, scheitert das Computerglück schon an den banalsten Dingen.

Jugendliche, die sogar Computerlehrgänge besucht haben, täglich daheim mit dem PC zu tun haben und sich als Fit sehen (in Wirklichkeit nur Spiele spielen), aber ein Programm nicht instalieren können – ein Doppelklick auf die „install.exe“ oder „Setup.exe“ hätte gereicht.

Sekretärinnen die jeden Tag stundenlang am Computer arbeiten, Briefe an Kunden schreiben, Word zwar einigermaßen beherrschen, aber schon das Markieren bestimter Textpassagen mit der Maus, bereitet Probleme. Dass man Daten also einen geschriebenen Brief überall auf der Festplatte speichern kann, und das der Brief NICHT im Word verbleibt, sondern auf die Platte geschrieben wird, das zählt zu den böhmischen Dörfern. Da aber ein Dorf mehrere Häuser hat, sind auch die Wissenslücken mehrfach vorhanden.

Man kennt sowieso nur Windows und Microsoft-Produkte.
(„Kann man mit anderen Programmen auch Briefe schreiben ?“)

Geschäftsführer, die mit ihrem Laptop überall mit ihrer Arbeit verehelicht sein wollen, schaffen es über einige Jahre eine Datenbank mit zigtausenden Datensätzen zu füllen, dann wenn aber aus irgendeinem Grund etwas klemmt, auf die Frage: „Mit welcher Datenbank arbeiten sie ?“ dann antworten: „Windows XP“

Kaum einer kennt den Explorer als Dateimanager obwohl sich unter Windows alles um ihn herum dreht. Wenn überhaupt, dann kennt man den Begriff „Arbeitsplatz“. Immerhin etwas. Aber schon beim erstellen eines neuen Ordners, bzw. eines Verzeichnisses ist Schluss mit lustig. „Äh, ein was… ?“


Nur herausgepickte Einzelfälle ?


Das kann ich leider nicht so stehen lassen. In der Zeit seit 1983, seit dem ich mit Computern zu tun habe, also seit Beginn der Heimcomputer-Ära von Anfang an dabei, als Nutzer und auch als (Hobby)Programmierer etlicher Systeme, auch als jahrelanger Betreuer der Computer einer Firma, der im eigenen Bekanntenkreis so gut wie mit jedem PC schon per „du“ ist, kann ich sagen, dass es wirklich an den allereinfachsten Dingen scheitert.

E-Mail schreiben ist z.B. auch bei jungen modernen Damen beliebt. Man spricht von Internet, als wäre es ein Teil des eigenen Intellekts. Das ist aber nur so lange der Fall, solange ein Icon auf dem Desktop vorhanden ist. Ist dieses aus irgendwelchen Gründen nicht mehr da, ist der PC kaputt. Dass die Icons vom Prinzip her nur ein Zusatz sind, ein willkommenes Hilfsmittel ist. Dass der „normale“ Weg ist – über Startbutton->Programme usw. ist, bei diese Erklärung wird man angesehen wie ein fremdes Wesen mit 10 Augen und 7 Hörnern…


Einige Veranschaulichungen die auf meinen persönlichen Erfahrungen beruhen:


„Wie startet man Word ?“
„Indem man auf ein Word-Dokument doppelklickt“
„Was wenn es noch keines gibt ? Wenn nur Word da ist ?“ – hier ist Feierabend.

„Wie geben sie eine URL in die Adressleiste ein ?“
„URL ? Adressleiste ? Meinen sie Word und einen Brief schreiben ?“
„Nein, ich meine das Internet, eine Webadresse und einen Browser..“
„Also, ehrlich, MEIN Internet ist da ganz anders als ihres. Ich weiss nicht was sie da haben“

In einem Fall hatte mal eine Sekretärin eine ganze Woche lang eine Bedienungsanleitung für eine Maschine geschrieben. Irgendwann hieß es, „Herr Gazdik bitte dringend ins Büro zur Frau soundso…“ Es stellte sich heraus, dass sie die ganze Woche eingetippt hat, den PC natürlich über Nacht immer laufen hat lassen, und auch kein einziges Mal abgespeichert. Auf meine Frage warum sie dieses nicht tat, bekam ich als Antwort: „Aber das ist doch im Computer drin….“

Studenten, die ihre Diplomarbeit über Wochen nicht sichern aber meinen, Festplatten versagen nicht oder versagen kaum. Die Technik ist doch ausgereift. Auf die Frage warum er seine Diplomarbeit nicht gelegentlich auf Diskette (damals noch) oder CD gespeichert hat, bekam ich eben so eine Antwort. Natürlich war nix mehr zu machen, die Platte war nicht mehr ansprechbar. Kein Selbsttest beim Hochlaufen, gab aber außer Klacken sonst keinen Muckser von sich.


Mein Fazit:


Querbeet, ob Maschinebauingenieure die am PC Bauteile entwerfen, Sekretärinnen die täglich mit dem Gerät „Computer“ arbeiten, Geschäftsleute über alle Schichten durch, wenn es nicht einer ist, der Computer zumindest in einem gewissen Umfang als Hobby hat, findet man kaum Spuren von einer technologisch hochentwickelten Gesellschaft.

MP3 hören ? – Auf die Datei doppelklicken, und schon gibt es Musik.
Texte schreiben – auf ein Word-Dokument draufklicken (meistens eh auf dem Desktop).
Unter Internet meint man: chatten, Online-Banking, Tauschbörsen benutzen, E-Mails schreiben und empfangen. Danach ist im Prinzip Schluß.

Daten werden über Jahre nicht gesichert, bis die Festplatte irgendwann ihren Geist aufgibt. Andere E-Mail Programme, andere Textverarbeitungsprogramme, oder gar ganz andere Betriebssysteme ausser Windows, kennt man kaum bzw. gar nicht. Manche meinen scheinbar wirklich: Hardware ist Intel, Software ist Microsoft.

Ein Verzeichnis erstellen, etwas außerhalb des Ordners „Eigene Dateien“ speichern, eine Datei kopieren und woanders einfügen, ein Programm installieren, (also auf „setup“ oder „install“ klicken), einen Drucker im Textverarbeiter auswählen, wenn mehr als einer vorhanden ist, ein Programm „normal“ starten, per Start-Button, hier ist im Prinzip das Ende der Fahnenstange.

Viren fühlen sich auf Heim-PCs scheinbar besonders wohl. Nicht dass der Strom daheim anders schmeckt, oder dass die Bits daheim hübscher sind, sondern weil die Computergesellschaft so gut wie nie auf die Idee kommt, einen Virenscanner laufen zu lassen. Alles was bunt ist, da wird draufgeklickt.

Wenn irgendwelche Utilitys installiert werden, dann in der Menge, die sogar einen atomgetriebenen PC ausbremsen würden. Fragen sollte man keine stellen, was denn diese Utilitys für Arbeit im PC verrichten, denn meistens weiß man das eh nicht, oder hat etwas darüber gelesen und man hat dann gemeint, man müsse es auch haben – auch wenn man nicht weiß was es macht.

Es ist nicht schlimm, wenn man ein Gerät nicht aus dem „FF“ beherrscht, schließlich ist nicht jeder technik- bzw. computerbegeistert. Nur behaupten, der Computer ist Alltag, die Leute können es, das sollte man lieber nicht tun.

„Mit dem Computer arbeiten ist leicht und intuitiv…“ Medien plärren das gerne heraus. Aber erstens meint man nicht den Computer, sondern das Betriebssystem, also die Software – und dann ohnehin nur Windows, oder andere Microsoft-Programme. Zweitens ist es nur für den leicht und intuitiv, der ohnehin alles schon auswendig weiß. Denn wenn es so leicht wäre, für was dann diese regalweise Bücher, sie uns Laien auf leichte Art – ein intuitives, leichtes Betriebssystem erklären. Also doch nicht intuitiv das selbsterklärende Betriebssystem, bzw. Programm. Denn für was braucht man dann Bücher, wenn ohnehin alles Selbsterklärend ist, eben intuitiv…? Eine Erklärung für etwas was sich ohnehin selbst erklärt ?

Na ja, irgendwie muss jeder schauen, wie einer zu seinem Geld kommt. Der eine muss Arbeiten, der andere schreibt leichtverdauliche selbsterklärende Bücher für intuitive selbsterklärende Software.

Doch zurück zur Computergesellschaft. Nun mag einer denken, es ist eben eine einseitige Erfahrungssammlung. Das Argument hat was an sich. Foren und andere Webseiten, die von Personen betrieben werden, die hauptberuflich mit dem Computer im großen Stil zu tun haben, sowie andere bestätigen leider meinen Eindruck:


Der normale Mensch – ein perfekter Computer-DAU.


Ein früherer Kollege, der jahrelang auf selbstständiger Basis Netzwerke und Computer von Firmen betreute, schilderte es in etwa so:

„Wo du auch hinkommst, vom Betriebsleiter bis zur Putzfrau, das personifizierte Chaos. Du musst froh sein, dass das Haus noch steht wenn du kommst. Da wird selbst Hand angelegt, geschraubt, gefummelt, ohne die geringste Ahnung zu haben was man da macht.“

Mag sein dass der Computer aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Nur dass die Leute gut mit der Technik gut zurechtkommen, das trifft nicht zu. Das entspricht leider nicht der Wirklichkeit.

 

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